Kärntner Slowenen
Als Kärntner Slowenen ( slowenisch : Koroški Slovenci) bezeichnet man die autochthone slowenischsprachige Volksgruppe im österreichischen Bundesland Kärnten. Sie entsenden Vertreter in den österreichischen Volksgruppenbeirat . Prinzipiell ist der Status der Volksgruppe verfassungs- und völkerrechtlich abgesichert.
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Geschichte
Völkerwanderung
Das slowenische Sprachgebiet wurde gegen Ende der Völkerwanderung zuerst, unter anderem, von Westslawen besiedelt, danach schließlich von Südslawen, die zur vorherrschenden Gruppe wurden. Es entstand eine südslawische Umgangssprache mit westslawischem Einfluss. Am Ende der Völkerwanderung entstand das slawische Staatsgebilde Karantanien , Vorläufer des heutigen Kärntens, das über das heutige Landesgebiet weit hinausreichte und dessen politisches Zentrum auf dem Zollfeld lag.
Mittelalter und Neuzeit
Um 800 siedelte Karl der Große die slawischen Bauern südlich der Drau und die österreichischen Bauern nördlich der Drau an. Karantanien wurde unter Karl dem Großen Teil des Franken - und in der Folge des Heiligen Römischen Reiches . In der Folge setzten sich nach und nach deutsche Adelsgeschlechter durch, während die Bevölkerung slowenisch blieb. Schließlich setzte eine Siedlungsbewegung von Baiern nach Kärnten ein. Diese besiedelten bis dahin schwach besiedelte Gebiete, etwa Waldgebiete und Hochtäler. Zur unmittelbaren Verdrängung von Slawen (als Slowenen bildeten sie sich erst im Laufe der Zeit heraus) kam es nur vereinzelt. Es begann jedoch eine Assimilierung der Slowenen durch die Deutschen. Im 19. Jahrhundert waren so etwa zwei Drittel der Kärntner deutsch geworden. Dennoch war Klagenfurt, zu diesem Zeitpunkt eine deutsche Stadt mit slowenischem Umland, die vorherrschende slowenische Bücherstadt.
19. und 20. Jahrhundert
Mit dem Aufkommen der Nationalbewegung in der späten Monarchie beschleunigte sich die Assimilation, gleichzeitig verschärfte sich der Konflikt zwischen den Volksgruppen.
Mit Ende des ersten Weltkrieges versuchte der SHS-Staat die slowenisch gebliebenen Gebiete zu besetzen (vergleiche Kärntner Abwehrkampf ). Diese Frage spaltete auch die slowenische Bevölkerung. Einerseits wurde der Widerstand von vielen Slowenen mitgetragen und ein Teil von ihnen sprach sich in der nachfolgenden Volksabstimmung für Österreich unter den Zugeständnissen aus, die ihnen die Deutschen in dieser Zeit versprochen hatten, andererseits darf nicht vergessen werden, dass es auch zahlreiche Gemeinden gab, in denen eine Mehrheit für den Anschluss an den SHS-Staat gestimmt hatte.
Wie überall in Europa nahm in der Zwischenkriegszeit der Nationalismus zu. Gemachte Versprechen wurden gebrochen, die Assimilation forciert, indem man die Slowenen durch ihre Teilung in Slowenen und Windische spaltete, ihnen sogar absprach, dass ihre Sprache überhaupt slowenisch wäre (vgl. "Windischentheorie"). Dies gipfelte in gezielter Verfolgung im dritten Reich, allerdings mit der Hintertüre, sich durch ein Bekenntnis zum Windischen und dem damit verbundenen Versprechen zur Assimilation mit dem Regime gut zu stellen und in Ruhe gelassen zu werden. Gleichzeitig beteiligten sich viele Slowenen am Widerstand der Titopartisanen , die nach dem Krieg neuerlich versuchten, Teile Kärntens zu besetzen, sich aber auf Drängen der englischen Besatzer zurückzogen. Angesichts dieser extremen Entwicklung auf beiden Seiten war nach dem Krieg die Stimmung zwischen den Volksgruppen äußerst gespannt. Der stetige Rückzug des Slowenischen setzte sich fort.
Am 15. Mai 1955 wurde der Staatsvertrag von Wien unterzeichnet. Ein Vertrag, der Österreich neben Rechten, es wurde frei, auch Pflichten auferlegt hat. Eine vielschichtige Verpflichtung ist im Artikel sieben normiert, in dem die "Rechte der slowenischen und kroatischen Minderheiten" in Österreich reguliert sind.
In den 1970er Jahren eskalierte die Lage neuerlich im sogenannten Ortstafelstreit, danach entspannte sie sich, besonders, seit mit dem Zerfall Jugoslawiens die Bedrohung endgültig überwunden scheint.
21. Jahrhundert
In den letzten Jahren ist eine zunehmendes Interesse der deutschsprachigen Kärntner am Slowenischen festzustellen, was aber angesichts der Überalterung der Volksgruppe zu spät sein könnte. Der neuerliche Erfolg des Landeshauptmannes in den letzten Jahren, die Ortstafelfrage zu thematisieren, zeigt, dass der Konflikt nach wie vor vorhanden ist.
Siedlungsgebiet
Da das Deutsche vor allem von Westen und Norden vordrang, liegt das heutige Siedlungsgebiet im Süden und Osten des Landes, im Jaun- Keutschacher und Rosental, im untersten Lavanttal sowie im unteren Gailtal (bis etwa Tröpolach ). Die nördlichsten Punkte bilden etwa Köstenberg und Diex. Die Gemeinden mit dem höchsten Bevölkerungsanteil an Kärntner Slowenen sind Zell (89%), Globasnitz (42%) und Eisenkappel-Vellach (38%) (laut Volkszählung 2001).
Anzahl der Kärntner Slowenen
Jahr | Volksgruppenangehörige |
---|---|
1880 | 85.051 |
1890 | 84.667 |
1900 | 75.136 |
1910 | 66.463 |
1923 | 34.650 |
1934 | 24.875 |
1939 | 43.179 |
1951 | 42.095 |
1961 | 24.911 |
1971 | 20.972 |
1981 | 16.552 |
1991 | 14.850 |
2001 | 13.109 |
Ende des 19. Jahrhunderts machten die Kärntner Slowenen ungefähr ein Viertel bis ein Drittel der Gesamtbevölkerung Kärntens aus. Im Laufe des 20. Jahrhunderts reduzierte sich ihre Anzahl vor allem aufgrund des Assimilierungsdrucks auf offiziell 2,3 % der Gesamtbevölkerung.
Die tatsächliche Anzahl der Kärntner Slowenen ist umstritten, da sowohl Vertreter slowenischer Organisationen als auch Vertreter Kärntner Traditionsverbände die Ergebnisse der Volkszählung als nicht akkurat bezeichnen.
Erstere verweisen auf die teilweise stark schwankenden Volkszählungsergebnissen in einzelnen Gemeinden, die ihrer Meinung nach stark mit politischen Spannungen in Volksgruppenfragen korrelieren. Somit würden die Ergebnisse die tatsächliche Anzahl der Kärntner Slowenen unterschätzen. Man verweist beispielsweise auf die Südkärntner Gemeinde Gallizien, die laut der Volkszählung von 1951 einen slowenischsprachigen Bevölkerungsanteil von 80 % aufwies, 1961 jedoch - bei gleichzeitigem Ausbleiben größerer Migrationsbewegungen und bei ungefähr gleicher Bevölkerungszahl - nur noch einen Anteil von 11 %. Als ein weiteres Beispiel werden die Ergebnisse der Gemeinde Mieger angeführt, die 1910 und 1923 einen slowenischsprachigen Bevölkerungsanteil von 96 % bzw. von 51 % aufwies, 1934 jedoch nur noch von 3 %. Nach dem Zweiten Weltkrieg und einer Entspannung im Verhältnis der beiden Volksgruppen wies die Gemeinde 1951 erneut 91,5 % auf. 1971 schließlich (im Vorfeld des sogenannten Kärntner Ortstafelsturms) reduzierte sich die Anzahl der Slowenen wiederum auf 24 %. Vertreter der Kärntner Slowenen sehen die Ergebnisse der Volkszählung als absolute Untergrenze an. Sie verweisen auf eine 1991 durchgeführte Erhebung in zweisprachigen Pfarren, bei denen nach der Umgangssprache der Pfarrangehörigen gefragt wurde. Das Resultat der Erhebung (50.000 Volksgruppenangehörige) unterschied sich signifikant von den Ergebnissen der im gleichen Jahr stattgefundenen Volkszählung (ca. 14.000).
Kärntner Traditionsverbände schätzen die tatsächliche Anzahl bekennender Slowenen auf 2.000 bis 5.000 Personen.
Dialekte
Der Kärntner Mundartenzweig des Slowenischen (Koroško) greift über die heutigen Grenzen Kärntens hinaus. Er wurde und wird im Gebiet des Kärntens vor 1914 gesprochen. Daneben im slowenischen Rateče ( dt. : Ratschach, ein Ort in der Gemeinde Kranjska Gora mit dem vom Schispringen her bekannten Ortsteil Planica ), die in der Oberkrain (Gorenjska) liegt, sowie im untersteirischen Drautal.
Es lässt sich gliedern in
Als Untergruppe des Jauntalerischen kann man die Obirmundart sehen, die unter Einfluss des Oberkrainerischen steht. Die Kärntnerischen Mundarten sind besonders ursprünglich.
In den heute deutschsprachigen Gebieten lässt sich bis hinauf ins obere Mölltal der slawische Unterboden an Orts- und Flurnamen festmachen. Überdies haben sich Deutsch und Slowenisch durch die Jahrhunderte in Klang und Wortschatz gegenseitig beeinflusst.
siehe auch: Slowenische Mundarten , Liste slowenischer Flurnamen in Kärnten , Minderheitensprachen in Österreich
Begriff: Windisch
Die Bezeichnung Windisch wurde im deutschsprachigen Raum ursprünglich für alle slawischen und insbesondere in Südösterreich als Bezeichnung der slowenischen Sprache verwendet. Als Sammelbegriff der in Kärnten gesprochenen slowenischen Dialekte wird er teilweise bis heute (vor allem von deutschnationalen Kreisen) benutzt. Da dieser Begriff jedoch historisch belastet ist, wird er von einem großen Teil der Kärntner Slowenen abgelehnt.
siehe auch: Windischentheorie
Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg
Im Frühjahr 1981 ist der Roman "Der Zögling Tjaz" von Florjan Lipus in der deutschsprachigen Übersetzung Peter Handkes erschienen. Peter Handke wurde für diese literarische Leistung vom Wiener Extrablatt als "personifizierter Artikel sieben" bezeichnet. Neben Lipus hat Handke später noch Gustav Janus übersetzt.
Die Kärntner slowenische Literatur machen aber nicht nur Janus und Lipus aus, sondern eine Reihe anderer Autoren. Zur Tradition gehören Mirko Kumer , Kristo Srienc und Valentin Polansek . Zu einer kleinen innovativeren, aber noch der Tradition verpflichteten Gruppe zählt neben Lipus Janko Messner . Lipus selbst hat sich zu einem herausragenden Belletristen entwickelt.
Zu den jüngeren Prosaautoren zählen Joze Blajs , der international bekannte Janko Ferk , Martin Kuchling und Kristijan Mocilnik .
Beachtlich ist die Zahl der Lyriker . Herausragend ist Milka Hartman . Ihrer Generation gehört Anton Kuchling an. Die nächste Generation bilden Gustav Janus und Andrej Kokot sowie die Lyriker, die heute schweigen, nämlich Erik Prunc und Karel Smolle . Diesen Lyrikern folgt eine Gruppe, die sich vor allem um die Literaturzeitschrift " mladje " formiert hat. Janko Ferk, Maja Haderlap , Franc Merkac und Jani Oswald sowie Vincenc Gotthardt , Fabjan Hafner und Cvetka Lipus sind die dazugehörigen Namen.
Zur jüngsten Generation gehören Rezka Kanzian und Tim O. Wüster , die noch keine eigenständigen Buchpublikationen vorweisen können.
Die slowenische Literatur in Kärnten hat nach dem Zweiten Weltkrieg ihren klaren Lebenswillen gezeigt. Heute ist sie eine emanzipierte Literatur ohne jedweden Provinzialismus.
Aus literatursoziologischer, -theoretischer und -historischer Sicht hat sich besonders Johann Strutz (Janez Strutz) um die Literatur der Kärntner Slowenen verdient gemacht. Seine Profile der neueren slowenischen Literatur in Kärnten , erschienen 1998 im Hermagoras Verlag , Klagenfurt/Celovec, sind ein vielbeachtetes Standardwerk.
Literaturbeispiel
Ein Literaturbeispiel von Erik Prunc
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Persönlichkeiten
- Peter Handke - Schriftsteller
- Janko Ferk - Richter und Schriftsteller (* 1958 )
- Franc Kattnig - Verleger und Kulturfunktionär (* 1945 )
- Martin Kušej - Theater- und Opernregisseur (* 1961 )
- Florjan Lipuš - Schriftsteller und Übersetzer (* 1937 )
- Janko Messner - Schriftsteller (* 1921 )
- Valentin Oman - Künstler (* 1935 )
- Wolfgang Petritsch - Diplomat, ehemaliger Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina (* 1947 )
- Erik Prunc - Professor an der Universität Graz (* 1941 )
- Johann (Janez) Strutz - Professor an der Universität Klagenfurt (* 1949 )
- Jožef Štefan - Mathematiker und Physiker (* 1835 ; † 1893 )
Organisationen
- Kärntner Einheitsliste (Koroška enotna lista) - politische Sammelbewegung, welche bei Lokalwahlen antritt
- Rat der Kärntner Slowenen (Narodni svet koroških Slovencev) - christlich-konservative Interessensvertretung
- Zentralverband slowenischer Organisationen (Zveze slovenskih organizacij) - linksorientierte Interessensvertretung
- Christlicher Kulturverband (Krščanska kulturna zveza)
- Slowenischer Kulturverband (Slovenska prosvetna zveza)
- Slowenischer Wirtschaftsverband (Slovenska gospodarska zveza)
- Alpenverein der Kärntner Slowenen (Slovenska Planinska Družba)
- Slowenischer Athletikklub (Slovenski atletski klub)
- Slowenischer Studenten Verband (Koroška dijaška zveza)
Medien
- Nedelja - Slowenischsprachige Wochenzeitung der Diözese Gurk-Klagenfurt [1]
- Novice - Slowenischsprachiges Wochenblatt [2]
- Mohorjeva družba-Hermagoras - katholischer zweisprachiger Verlag (Klagenfurt) [3]
- Drava Verlag - zweisprachiger Verlag in Klagenfurt [4]
Literatur
- Albert F. Reiterer: Kärntner Slowenen: Minderheit oder Elite? Neuere Tendenzen der ethnischen Arbeitsteilung. Drava Verlag/Založba Drava, Klagenfurt 1996 ISBN 3-85435-252-2
Weblinks
Politik
- Website des Volksgruppenbüros des Landes Kärnten
- Kärntner Einheitsliste
- Rat der Kärntner Slowenen
- Zentralverband slowenischer Organisationen
- Interview mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Rates der Kärntner Slowenen Bernhard Sadovnik ]
Kultur und Geschichte
- Broschüre über die Geschichte und aktuelle Lage der Kärntner Slowenen (pdf)
- Die Lyrik der Kärntner Slowenen im zwanzigsten Jahrhundert - von Janko Ferk
Kategorie : Kärnten
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