Öchsle (Schmalspurbahn)
Das Öchsle war eine württembergische Schmalspurbahn mit der Spurweite 750 mm zwischen den Städten Biberach an der Riß und Ochsenhausen.
Die Bahn wurde 1983 stillgelegt, aber nicht abgebaut, sondern 1985 als touristische Museumsbahn zwischen Warthausen und Ochsenhausen wiedereröffnet.
Inhaltsverzeichnis |
Geschichte
Eröffnung
Die Königlich Württembergische Staats-Eisenbahn befaßte sich bereits 1879 mit dem Projekt einer durchgehenden Eisenbahn von Biberach über Ochsenhausen nach Memmingen. Nachdem sich diese Pläne u.a. durch den Bau der Verbindung Aulendorf - Memmingen endgültig zerschlagen hatten, konstituierte sich 1889 ein örtliches Eisenbahn-Komitee, das Prof. Sapper , Techniker in Stuttgart, mit den Vorbereitungen und Rentabilitätsrechnungen betraute. Auf dieser Grundlage wurde 1893 an den Landtag eine erste Petition für den Bau einer normalspurigen Nebenbahn von Biberach nach Ochsenhausen gerichtet. Das Vorhaben wurde in das Gesetz vom 7. Juni 1897 aufgenommen, jedoch als Schmalspurbahn. Wegen Verzögerungen beim Bau des Abschnitts Biberach - Warthausen wurde am 29. November 1899 zunächst die Teilstrecke Warthausen - Ochsenhausen eröffnet, der Abschnitt nach Biberach erfolgte 19. November 1900 .
Die Erstausstattung der Bahn bestand aus zwei neuen Mallet-Lokomotiven der Gattung Tssd, acht zweiachsigen Personenwagen und zwei Gepäckwagen. Neben einigen offenen und geschlossenen Güterwagen gab es noch Spezialwagen für den Transport von Langholz. Der Übergang von Normalspurwagen mittels Rollschemeln war von Anfang an möglich, allerdings waren nur 3 Rollschemelpaare vorhanden. Aufgeschemelte Wagen wurden nur zwischen Warthausen und Ochsenhausen befördert. Anfangs verkehrten in jeder Richtung zwei Personenzüge, ergänzt um ein gemischtes Zugpaar zur Abwicklung des Güterverkehrs.
Entwicklung bis 1920
In den ersten Jahren wurden trotz der im Vergleich zu Normalspurbahnen hohen Betriebskosten positive Betriebsergebnisse erzielt. Pläne zu einer Verlängerung nach Tannheim und Memmingen und weitere Projekte wie eine Verbindung nach Wurzach oder via Schwendi nach Laupheim wurden nicht bzw. nur teilweise in Normalspur ausgeführt. Mit der Verlängerung der Bahn bis Biberach gelangte eine dritte Tssd nach Ochsenhausen. 1906 wurde die Südbahn zweigleisig ausgebaut. Im Zuge dieser Arbeiten wurde die niveaugleiche Kreuzung in den Bahnhof Warthausen verlegt und das heute noch bestehende Empfangsgebäude sowie eine Personenunterführung für den Übergang zwischen Normal- und Schmalspurzügen. Zu Beginn des I. Weltkrieges waren vier Lokomotiven in Ochsenhausen stationiert.
Entwicklung bis 1948
1920 ging das Öchsle zusammen mit den anderen Strecken der K.W.St.E an die Deutsche Reichsbahn über. Um die Überlastung des Bahnhofs Ochsenhausen zu lindern, ging im gleichen Jahr der Güterbahnhof Ochsenhausen mit normal- und schmalspurigen Ladegleisen und zwei Rollschemelgruben in Betrieb. 1924 wurde der Haltepunkt Goppertshofen geschlossen. Die Reichsbahn ersetzte und verstärkte in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts den kompletten Oberbau, ab 1928 übernahmen Lokomotiven der Baureihe VI K die Hauptlast des Verkehrs. Die in Biberach und Ochsenhausen vorhandenen Drehscheiben wurden wenig später entfernt.
Im Laufe der Jahre wurde der Güterverkehr zunehmend mit Rollschemeln abgewickelt, so dass die schmalspurigen Güterwagen zunehmend entbehrlich wurden. 1940 wurde ein Großteil des Bestandes buchmäßig nach Zell am See, tatsächlich wohl direkt an die im Bau befindlichen Wirtschaftsbahnen in der Ukraine abgegeben. Die verbliebenen geschlossenen Güterwagen waren vorwiegend im Stückgutverkehr eingesetzt, die offenen standen für dienstliche Zwecke zur Verfügung.
Am Morgen des 6. Januar 1944 stieß ein Hauptbahnzug nach Überfahren eines haltzeigendes Signals auf der niveaugleichen Kreuzung im Bahnhof Warthausen mit einem Schmalspurzug des Öchsle zusammen. Die Lokomotive des Zuges P 1521 Friedrichshafen – Ulm der Baureihe 18.1 (württembergische C) bohrte sich in die Wagen des GmP 303 Ochsenhausen – Biberach. Bei diesem Unglück gab es zwölf Tote und eine große Anzahl von Verletzten.
In den letzten Kriegstagen wurde der Bahnhof Ochsenhausen bombardiert und beschädigt, ansonsten überstand die Bahn den 2. Weltkrieg ohne größere Schäden.
Entwicklung nach 1945
1954 begann die Deutsche Bundesbahn, den Betrieb durch Ausdünnung des Fahrplans und Einsatz von Bahnbussen zu rationalisieren. 1959 wurden die Haltepunkte Herrlishöfen und Barabein aufgehoben. Nach weiteren Einschränkungen (Umwandlung der Bahnhöfe Äpfingen, Maselheim und Reinstetten in unbesetze Haltepunkte) erfolgte am 31. Mai [1964] die Einstellung des Personenverkehrs auf der Gesamtstrecke, der durch den zunehmenden Individualverkehr und die Kraftpostlinie Memmingen - Ochsenhausen - Biberach bedeutungslos geworden war. Damit verlor der Abschnitt Biberach - Warthausen seinen Gesamtverkehr und wurde kurze Zeit später stillgelegt und abgebaut, wodurch auch die Kreuzung mit der Südbahn wegfiel.
Der Güterverkehr nahm - vor allem durch das Liebherr-Werk in Ochsenhausen - in dieser Zeit einen Aufschwung. In Ochsenhausen wurde eine Rampe gebaut, mit dem die aufgeschemelten Güterwagen direkt beladen werden konnten. Die ehemaligen Bahnhöfe Äpfingen, Maselheim und Reinstetten wurden als private Anschlussgleise weiter bedient. Ende 1964 wurden die VI K abgelöst, die neuen Diesellok der Baureihe V 51 übernahmen die Hauptlast des Verkehrs. 1969 endete der Dampfbetrieb.
In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts verschlechterte sich der Zustand der Bahnanlagen zusehends. Die Bundesbahn untersuchte zunächst die Möglichkeit einer Umspurung auf Normalspur, leitete aber 1981 ein Stillegungsverfahren ein. Am 31. März 1983 wurde der Gesamtverkehr eingestellt.
Das Öchsle nach der Stillegung
Durch das Engagement der Öchsle Schmalspurbahn e.V. wurde die Strecke nicht abgebrochen, sondern von den Anliegergemeinden und dem Landkreis Biberach erworben. Die Gütergleise in Äpfingen, Reinstetten und Ochsenhausen Gbf wurden entfernt und die freiwerdenden Grundstücke verkauft. Eine der beiden Dieselloks gelangte über einen Zwischenhändler an eine Gleisbaugesellschaft in Spanien, die andere wurde von der Öchsle Schmalspurbahn GmbH für den zukünftigen Betrieb erworben. Das restliche Rollmaterial ging an den Öchsle Schmalspurbahn e.V. und an private Interessenten.
Entwicklung der Museumsbahn bis 2005
Da der Verein selbst als Bahnbetreiber nicht in Frage kam, war vor der Wiederaufnahme des Bahnbetriebs die Gründung einer Eisenbahngesellschaft erforderlich. Zu diesem Zweck gründeten Vereinsmitglieder die Öchsle Schmalspurbahn GmbH. Geeignetes Fahrzeugmaterial war nicht mehr vorhanden - die letzten Personenwagen waren bereits 1964 auf andere Strecken umgesetzt oder verschrottet worden, auch geeignete Dampflokomotiven standen nicht zur Verfügung. Die für den touristischen Betrieb erforderlichen Fahrzeuge wurden von der Betriebsgesellschaft, teilweise auch vom Verein in Polen, in Österreich und in der Schweiz beschafft. Die Öchsle Schmalspurbahn GmbH pachtete die verbliebenen Bahnanlagen von der DB (Warthausen) und der öffentlichen Hand. Ehrenamtliches Werkstatt- und Zugpersonal stellte der Verein. Nach Sanierungsarbeiten an der Strecke nahm die Museumsbahn am 29. Juni 1985 den Betrieb zwischen Warthausen und Ochsenhausen auf. 1991 stellte die Öchsle Schmalspurbahn GmbH den Betrieb ein und zog den größten Teil ihres Fahrzeugparks von der Strecke ab.
Um die Bahn weiter zu betreiben können, wurden - bedingt durch grundlegende Änderungen in der Eisenbahngesetzgebung - für die Infrastruktur und den Betrieb getrennte Gesellschaften errichtet.
Als Eisenbahninfrastruktur-Unternehmen fungiert die 1995 gegründete Öchsle Bahn AG mit Sitz in Biberach, deren Hauptgesellschafter die Anliegergemeinden, die Kreissparkasse Biberach und der Landkreis Biberach ist. Diese Gesellschaft hat ein Erbbaurecht an den Bahngrundstücken und das Eigentum an den Gleisanlagen. Sie ist für den laufenden Unterhalt der Anlagen verantwortlich. Die notwendigen finanziellen Mittel wurden durch die Ausgabe von Aktien beschafft.
Das Eisenbahn-Verkehrsunternehmen wurde in Form der Eisenbahn-Betriebsgesellschaft Ochsenhausen gGmbH (kurz: EBO) im gleichen Jahr gegründet. Da die Fahrzeuge der Öchsle Schmalspurbahn GmbH nicht mehr zur Verfügung standen, wurde ein neuer Fahrzeugpark mit Fahrzeugen aus Österreich, der Schweiz und aus Sachsen aufgebaut.
In dieser Konstellation konnte am 25. Juni 1996 der Betrieb wieder aufgenommen werden. Ende 2000 wurde die Strecke wegen Oberbaumängeln gesperrt und es wurde offensichtlich, dass vor einem Weiterbetrieb grundlegende Sanierungsarbeiten notwendig waren. Die EBO stellte den Betrieb ein; ein Teil der Fahrzeuge wurde nach Sachsen verkauft.
Zur Durchführung der umfangreichen Sanierungsarbeiten führte die Öchsle Bahn AG eine Kapitalerhöhung durch, zusätzlich wurde eine Dampflok aus Sachsen beschafft und der Neubau eines Lokschuppens in Warthausen in die Wege geleitet.
Der größte Teil des rollenden Materials wurde von der 2001 gegründeten Öchsle Bahn Betriebs-GmbH übernommen, deren Hauptgesellschafter der Landkreis Biberach und die Stadt Ochsenhausen sind. Am 1. Mai 2002 wurde der Fahrbetrieb ein drittes Mal aufgenommen. Der Fahrzeugpark konnte in den folgenden Jahren durch Zukäufe, Anmietungen und Leihgaben ergänzt werden. Das Werkstatt- und Fahrpersonal wird nach wie vor vom Öchsle Schmalspurbahn e.V. gestellt.
Betrieb
Fahrplan
Heute verkehren von Mai bis Oktober samstags und sonntags sowie an bestimmten Wochentagen je zwei Zugpaare von Warthausen nach Ochsenhausen. Das Angebot wird durch Winter-, Nikolausfahrten und Sonderzüge ergänzt. Im Kursbuch ist die Bahn heute unter der Nummer KBS 12752 zu finden.
Streckenliste
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Literatur
- Ingrid Stubenrauch: Das Öchsle - Die Geschichte der Schmalspurbahn Biberach - Ochsenhausen, Eisenbahn-Kurier Verlag, Freiburg 1983, ISBN 3-88255-792-3
Weblinks
- Öchsle Bahn Betriebsgesellschaft
- Öchsle Schmalspurbahn e.V.
- Geschichte der Schmalspurbahn Biberach - Ochsenhausen
- Details, Fotos und Geschichte der Öchslebahn
- Der Fahrplan des Öchsle im Kursbuch von 1944/45
Kategorien : Bahnstrecke | Verkehr (Baden-Württemberg) | Museumsbahn | Museum in Baden-Württemberg | Schmalspurbahn | Spurweite 750 mm
Wikipedia
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